Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6B_1149/2013
Urteil vom 13. November 2014
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
Gerichtsschreiberin Siegenthaler.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Markus Bachmann,
Beschwerdeführer,
gegen
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Postfach 3439, 6002 Luzern,
2. A.Y.________,
3. B.Y.________,
4. C.Y.________,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Verletzung des Privatbereichs durch ein Aufnahmegerät (Art. 179 quater
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 179quater - Wer eine Tatsache aus dem Geheimbereich eines andern oder eine nicht jedermann ohne weiteres zugängliche Tatsache aus dem Privatbereich eines andern ohne dessen Einwilligung mit einem Aufnahmegerät beobachtet oder auf einen Bildträger aufnimmt, |
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 2. Abteilung, vom 27. August 2013.
Sachverhalt:
A.
Am 20. März 2012 kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen X.________ und seinen Nachbarn A.Y.________, B.Y.________ und C.Y.________, die sich zu diesem Zeitpunkt auf dem Treppenpodest vor ihrer Haustür aufhielten. Gemäss Anklage soll X.________ sie dabei gegen ihren Willen vom Vorplatz des gemeinsam bewohnten Mehrfamilienhauses aus mit einer Videokamera gefilmt haben.
B.
Das Bezirksgericht Luzern verurteilte X.________ am 11. Dezember 2012 wegen Verletzung des Privatbereichs durch ein Aufnahmegerät zu einer bedingten Geldstrafe von 5 Tagessätzen zu Fr. 60.-- bei einer Probezeit von 2 Jahren und zu einer Busse von Fr. 100.--. Seine Berufung wies das Kantonsgericht Luzern am 27. August 2013 ab.
C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, das Urteil des Kantonsgerichts Luzern vom 27. August 2013 sei aufzuheben. Er sei vom Vorwurf der Verletzung des Privatbereichs durch ein Aufnahmegerät nach Art. 179quater
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 179quater - Wer eine Tatsache aus dem Geheimbereich eines andern oder eine nicht jedermann ohne weiteres zugängliche Tatsache aus dem Privatbereich eines andern ohne dessen Einwilligung mit einem Aufnahmegerät beobachtet oder auf einen Bildträger aufnimmt, |
Das Bundesgericht erteilte seiner Beschwerde am 29. November 2013 superprovisorisch die aufschiebende Wirkung. X.________ ersucht um unentgeltliche Rechtspflege.
D.
Die Oberstaatsanwaltschaft und das Kantonsgericht des Kantons Luzern beantragen die Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen:
1.
1.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 179quater
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 179quater - Wer eine Tatsache aus dem Geheimbereich eines andern oder eine nicht jedermann ohne weiteres zugängliche Tatsache aus dem Privatbereich eines andern ohne dessen Einwilligung mit einem Aufnahmegerät beobachtet oder auf einen Bildträger aufnimmt, |
1.2. Nach Auffassung der Vorinstanz ist der Tatbestand erfüllt. Mit Verweis auf BGE 118 IV 41 führt sie aus, durch Art. 179quater Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 179quater - Wer eine Tatsache aus dem Geheimbereich eines andern oder eine nicht jedermann ohne weiteres zugängliche Tatsache aus dem Privatbereich eines andern ohne dessen Einwilligung mit einem Aufnahmegerät beobachtet oder auf einen Bildträger aufnimmt, |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 186 - Wer gegen den Willen des Berechtigten in ein Haus, in eine Wohnung, in einen abgeschlossenen Raum eines Hauses oder in einen unmittelbar zu einem Hause gehörenden umfriedeten Platz, Hof oder Garten oder in einen Werkplatz unrechtmässig eindringt oder, trotz der Aufforderung eines Berechtigten, sich zu entfernen, darin verweilt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 179quater - Wer eine Tatsache aus dem Geheimbereich eines andern oder eine nicht jedermann ohne weiteres zugängliche Tatsache aus dem Privatbereich eines andern ohne dessen Einwilligung mit einem Aufnahmegerät beobachtet oder auf einen Bildträger aufnimmt, |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 179quater - Wer eine Tatsache aus dem Geheimbereich eines andern oder eine nicht jedermann ohne weiteres zugängliche Tatsache aus dem Privatbereich eines andern ohne dessen Einwilligung mit einem Aufnahmegerät beobachtet oder auf einen Bildträger aufnimmt, |
1.3. Die Vorinstanz gibt die bundesgerichtliche Rechtsprechung korrekt wieder. Allerdings übersieht sie, dass sich der vorliegende Sachverhalt von jenem in BGE 118 IV 45 wesentlich unterscheidet. Während es dort um den unmittelbaren Eingangsbereich eines Einfamilienhauses mit eigenem Garten gegangen war, spielte sich das Geschehen hier auf dem Vorplatz und Treppenpodest eines Mehrfamilienhauses ab, das der Beschwerdeführer und die Beschwerdegegner 2-4 gemeinsam bewohnen. Dabei handelt es sich um einen Bereich der Liegenschaft, der von beiden Wohnparteien gleichermassen genutzt wird und an dem diese je kein ausschliessliches Hausrecht besitzen. Entsprechend geniesst im Innenverhältnis zwischen den Hausbewohnern an den genannten Orten niemand denselben Schutz seiner Privatsphäre, wie dies in der eigenen Wohnung oder eben im nahen Eingangsbereich eines Einfamilienhauses der Fall wäre, an dem einer Partei das alleinige Hausrecht zusteht.
Folglich können die Beschwerdegegner 2-4 dem Beschwerdeführer gegenüber nicht geltend machen, sie hätten sich auf dem Treppenpodest in ihrem Privatbereich befunden. Damit fehlt es an einem objektiven Tatbestandselement von Art. 179quater Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 179quater - Wer eine Tatsache aus dem Geheimbereich eines andern oder eine nicht jedermann ohne weiteres zugängliche Tatsache aus dem Privatbereich eines andern ohne dessen Einwilligung mit einem Aufnahmegerät beobachtet oder auf einen Bildträger aufnimmt, |
1.4. Die Beschwerde ist gutzuheissen. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Damit sind die weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers nicht zu prüfen.
2.
Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 179quater - Wer eine Tatsache aus dem Geheimbereich eines andern oder eine nicht jedermann ohne weiteres zugängliche Tatsache aus dem Privatbereich eines andern ohne dessen Einwilligung mit einem Aufnahmegerät beobachtet oder auf einen Bildträger aufnimmt, |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 179quater - Wer eine Tatsache aus dem Geheimbereich eines andern oder eine nicht jedermann ohne weiteres zugängliche Tatsache aus dem Privatbereich eines andern ohne dessen Einwilligung mit einem Aufnahmegerät beobachtet oder auf einen Bildträger aufnimmt, |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 179quater - Wer eine Tatsache aus dem Geheimbereich eines andern oder eine nicht jedermann ohne weiteres zugängliche Tatsache aus dem Privatbereich eines andern ohne dessen Einwilligung mit einem Aufnahmegerät beobachtet oder auf einen Bildträger aufnimmt, |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. Das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Luzern vom 27. August 2013 wird aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Der Kanton Luzern hat dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Markus Bachmann, für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- auszurichten.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 2. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 13. November 2014
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Mathys
Die Gerichtsschreiberin: Siegenthaler